Viel Platz auf kleinem Raum

LoveDesigns freut sich das Projekt „Kunstliebhaber“ der Innenarchitektin Sophie Green vorzustellen. „Kunstliebhaber“ hat uns besonders überzeugt, weil es zeigt, dass vermeintliche Beschränkungen, wie z.B. eine kleine Wohnung und ein geringes Budget durch gute Planung und intelligentes Design nicht nur überwunden werden können, sondern sein ganz eigenes Potential entfalten. Nicht umsonst war Sophie Green unter den Nominierten des German Design Awards 2014. Für LoveDesigns gibt die deutsch-amerikanische Innenarchitektin, die in München und Brüssel arbeitet, Einblicke in die Entstehung des Projekts, verrät Tipps und Tricks das Maximale aus begrenztem Raum herauszuholen und erläutert, was für sie ökologisch nachhaltige Innenarchitektur bedeutet.

LoveDesigns: Was ist ihrer Meinung nach essentiell bei der Gestaltung von Wohnräumen? Wie haben sie das bei „Kunstliebhaber“ umgesetzt?

Sophie Green: Innenarchitektur ist immer Maßanfertigung – auch wenn man dann Serienprodukte einarbeitet. Die Aufgabe des Innenarchitekten ist es, die Wünsche des Kunden zu strukturieren und im Budget umzusetzen.

Das Wichtigste an der Gestaltung von Wohnräumen ist es, den Geschmack des Kunden zu respektieren. Als Architekt hilft man dem Auftraggeber, seinen Stil zu finden und diesen dann zu visualisieren. Schließlich muss sich der Kunde als Bewohner  darin wohlfühlen.

Das Projekt Kunstliebhaber visualisiert der Geschmack des Kunden und seine Vorliebe für großzügigen Raum, Loftgefühl und Kunst – die Architektur erscheint großzügig, nimmt sich zurück und bildet den Hintergrund für die Kunstwerke.

LoveDesigns: Auf was sollte man bei kleinen Wohnräumen besonders achten bzw. wie kann man kleine Räume besonders gut in Szene setzen?

Sophie Green: Gestalten Sie den Stauraum in derselben Farbe wie die Wand, organisieren und bündeln Sie ihn. Lassen Sie Bodenfläche frei. Stellen sie nicht viele verschiedene kleine Möbelstücke in die Räume, sondern nutzen Sie Multifunktionsmöbel.

Besonders in kleinen Wohnungen sind klare Linien zur Strukturierung des Raumes wichtig.

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LoveDesigns: Gibt es augenblicklich besondere Trends im Bereich Interior Design, die sie ausmachen können?  Wo geht der Trend hin?

Sophie Green: Der wichtigste Trend ist wohl das Streben nach Nachhaltigkeit – das immer mehr in das Bewusstsein der Leute tritt. Dies beinhaltet aber nicht nur die Verwendung von Öko-Materialien, sondern das bewusste Entscheiden, ob für einen bestimmten Fall eine bestimmte Lösung die nachhaltigste ist. Es geht hin bis zum Wiederverwenden von bestehender Architektur und deren Umnutzung. Wohnraum wird immer knapper – so sind schlaue Lösungen gefordert.

LoveDesigns: Was genau hat sich Ihr Kunde bei dem Projekt „Kunstliebhaber“ gewünscht?

Sophie Green: Der Kunde hatte eine als Büro genutzte Immobilie erworben und wollte diese als Wohnung nutzen. Er war von der Helligkeit der Wohnung durch die vielen hohen Fenster begeistert. Außerdem ist er ein Kunstliebhaber und wünschte sich ein „Galerie-bzw. Loftgefühl“. Abgesehen von diesen räumlichen Wünschen, war das Budget für die komplette Renovierung relativ niedrig angesetzt.

LoveDesigns: Wie haben Sie dies umgesetzt?

Sophie Green: Es galt den sehr beschränkten Raum zu strukturieren und maximale Stauraummöglichkeiten zu finden, ohne das Raumgefühl einzuschränken. Wir haben hierfür einen durchgängigen Boden gewählt, die Türen weglassen und alle Nischen als Stauraum ausgenützt.  Eine dreiviertel-hohe Trennwand organisiert neu, ohne abzugrenzen und einzuengen.

Die Farben setzen Akzente, die Arbeitsplatte der Küche und das dunkel geflieste Badezimmer bilden dazu ein Gegengewicht.

Die Kunst besteht außerdem darin Großzügigkeit zuzulassen, auch wenn man eigentlich meint, keinen Platz dafür zu haben. Zum Beispiel im Eingangs- oder Zwischenbereich oder in der Dusche, die wir als große Walking-Dusche gestaltet haben.

Um im Budget zu bleiben wurden bewusst Ikea-Möbel und Küche bei der Planung berücksichtigt und eingearbeitet: Nischen und Wandlängen wurden darauf abgestimmt, dass man anschließend Standart-Stauelemente platzieren konnte.

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LoveDesigns: Sophie Green – ihr Nachname ist auch Programm. Nachhaltiges Design und ökologisch verantwortliche Innenarchitektur sind ausdrücklich Bestandteil von Sophie Green Interior Architecture. Wie ist das bei dem Projekt „Kunstliebhaber“ zum Tragen gekommen?

Sophie Green: Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur die Verwendung von umweltfreundlichen und schnell nachwachsenden Rohstoffen, sondern auch die Langlebigkeit der Architektur und das Wiederverwenden von bestehenden Elementen.

Eine vernünftige Innenraumgestaltung und neutrale Farbgebung der Architektur erlaubt ein Durchwechseln der Farbkombination in der Wohnung – ohne großen Aufwand. Aktuell sind es die Farben Gelb, Rot und Weiß – eine von vielen möglichen Farbkombinationen, die durch das einfache Austauschen von Bezugstoffen und Vorhängen entstehen können.

Bei den verwendeten Materialien wurde auf Emissionsfreiheit geachtet, wenn möglich, lokale Produkte mit kurzen Transportwegen vorgezogen. Auch das Wiederverwenden / Recyceln von Elementen ist Teil der umgesetzten Nachhaltigkeit. So wurde z.B. die originale Eingangstür erhalten und lediglich umgedreht – so dass sich die Öffnungsrichtung an die neue Raumkonfiguration anpasst.

Auch wurde ein neues energieeffizientes Heizsystem platziert, die ursprünglichen Heizkörper allerdings wiederverwendet.

Allgemein kann man sagen, dass es bei Nachhaltigkeit vor allem um das bewusste Entscheiden geht – für eine bestimmte Lösung zu einem bestimmten Zeitpunkt.

LoveDesigns: Sie haben einen deutsch-amerikanischen Background und arbeiten sowohl in München als auch in Brüssel. Gibt es in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Mentalitäten und Wünsche im Bereich Wohnen?

Sophie Green: Wie wir wohnen und womit wir uns wohlfühlen ist kulturabhängig. Dies beginnt schon bei den verschieden Mentalitäten der Kunden aus verschieden Ländern, welche verschiede Anforderungen z.B. an das Raumprogramm mit sich bringen.

In Deutschland fällt auf,  dass es oft wichtiger ist, nach Außen zu repräsentieren (ich denke an Arztpraxen, Anwaltskanzleien und gepflegte Vorgärten). In Frankreich und Belgien hingegen sind durchgestylte Praxen selten – häufig sind sie reine Nutzräume, bei denen nicht auf Design geachtet wird. Die Privathäuser und -wohnungen hingegen sind öfters bis ins letzte Detail durchdacht und gestaltet.

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